Das Klingende Museum: Hamburger Schulen zeigen riesiges Interesse am sinfonischen Jubiläumskonzert
Anlässlich seines 25-jährigen Bestehens veranstaltet das Klingende Museum zusammen mit den Hamburger Symphonikern ein kostenfreies klassisches Konzert für Schülerinnen und Schüler aus der Hansestadt. Gut einen Monat lief dafür die Ausschreibung an den Schulen. Der Zuspruch liegt weit über den Erwartungen und übersteigt die Platzkapazitäten.
111 Schulen mit mehr als 4.000 Schülern (3. bis 6. Klasse) aus allen Hamburger Bezirken hätten ihren Wunsch bekundet „The Young Person's Guide to the Orchestra“ von Benjamin Britten im November 2014 in der Laeiszhalle zu erleben, gab das Klingende Museum bekannt. Das sind etwa ein Drittel der Hamburger Grund- und Stadtteilschulen, Gymnasien und Sonderschulen. „Wir sind überwältigt von dieser unglaublich großen Nachfrage der Schulen. Es zeigt, dass klassische Musik und eben auch Werke abseits des ‚Mainstreams‘ spannend für den Unterricht sind. Schüler und Lehrer werden in unserem Jubiläumskonzert bestimmt auf ihre Kosten kommen und viel mitnehmen können“, freut sich Bettina Fellinger, Geschäftsführerin des Klingenden Museums Hamburg. „Das großartige Interesse zeigt aber auch, dass wir eine Musikstadt sein können – nicht nur dem Namen nach und mit Leuchtturmprojekten, die Hamburg als Kulturmetropole auszeichnen. Sondern eine Stadt, in der klassische Musik fest in der Bevölkerung verankert ist und sich bei gezielter Heranführung bereits junge Menschen für klassische Konzerte und das Erlernen von Orchesterinstrumenten begeistern“, so Fellinger.
Das unerwartet hohe Interesse der Schulen am Jubiläumskonzert stellt das Klingende Museum nach eigenen Angaben nun allerdings vor die Notwendigkeit, unter den Schulen auswählen zu müssen, welche Klassen in den Genuss des sinfonischen Konzerts kommen. Denn: Von den angemeldeten 4.014 Schülern mit ihren Lehrern finden für einen uneingeschränkten Hör- und Augengenuss nur 1.700 Personen Platz im Großen Saal der Laeiszhalle. Und so werde nun das Los entscheiden müssen, heißt es. Die Schulen sollen bis Anfang Juni informiert werden.
„Wir könnten ohne weiteres mehrere Konzerte füllen“
„Bei der Teilnehmerzahl könnten wir ohne weiteres ein zweites oder sogar drittes Konzert füllen. Allerdings ist für uns schon das erste Konzert mit Begleitprogramm ein finanzieller Kraftakt und nur dank fantastischer Unterstützer wie der Hubertus Wald Stiftung, der Claussen-Simon-Stiftung sowie der Kultur- und der Bildungsbehörde in diesem Jahr überhaupt möglich. Angesicht des riesigen Interesses wäre es großartig, weitere Förderer zu gewinnen, um gemeinsam noch mehr Hamburger Schulkindern dieses kulturelle Erlebnis zu ermöglichen“, sinniert Bettina Fellinger.
Das sinfonische Jubiläumskonzert für Hamburger Schülerinnen und Schüler
Jedes Jahr besuchen zahlreiche Schulklassen aus Hamburg und Umgebung das privatgeführte Museum als außerschulischen Lernort. Auf Anfrage kommt das Klingende Mobil auch mit einer Instrumentenauswahl und musikpädagogischen Mitarbeitern zu einem Besuch in die Kita oder in die Schule. Zudem bietet das Klingende Museum Hamburg Ferienprogramme für Kinder (Bläsertage und Saitentage), wie auch Programme für Familien (Klingende Samstage und Familienspeciale) und Erwachsenengruppen an.
Das weltweit erste Instrumentenmuseum, das Orchestermusikinstrumente zum Anfassen und Ausprobieren bietet, wird in diesem Jahr 25 Jahre alt. Aus diesem Anlass veranstaltet das Klingende Museum zusammen mit den Hamburger Symphonikern das sinfonische Jubiläumskonzert für Hamburger Schülerinnen und Schüler der 3. bis 6. Klassen am 4. November 2014 in der Laeiszhalle. Auf dem Programm steht das wenig gespielte Stück „The Young Person's Guide to the Orchestra“. Basierend auf einer Orchestersuite von Henry Purcell stellen sich hier – passend zur musikalischen Seite des Klingenden Museums – die vier verschiedenen Orchestergruppen eines klassischen Sinfonieorchesters vor. Als kleine Überraschung wird ein besonderer Gast zum szenischen Konzert erwartet, der die Schülerinnen und Schüler auf eine spannende musikalische Reise mitnehmen wird. Schulsenator Ties Rabe hat die Schirmherrschaft für das Jubiläumskonzert übernommen.
Umfrage: Deutsche haben wenig Interesse an klassischen Konzerten – junge Menschen werden kaum erreicht
88 Prozent der Deutschen halten klassische Musik für ein wichtiges kulturelles Erbe. Das ist das Ergebnis einer im Januar 2014 veröffentlichten Forsa-Umfrage der Körber-Stiftung. Aber hier klafft Theorie und Praxis weit auseinander: Denn nur jeder Fünfte hat im vergangenen Jahr ein klassisches Konzert besucht. Bei den jungen Menschen unter 30 Jahren war es laut der Umfrage sogar nur jeder Zehnte. Dabei sehen auch 84 Prozent der Unter-30-Jährigen klassische Musik als ein wichtiges kulturelles Erbe. Jedoch haben 56 Prozent von ihnen keinen Kontakt mit klassischer Musik – das heißt sie hören keine klassische Musik zu Hause, spielen kein Musikinstrument oder singen nicht im Chor, besuchen kein Konzert. Gründe gegen den Besuch eines klassischen Konzerts sind laut Umfrage „zu wenig Zeit“ (37 Prozent), „zu hohe Kosten“ (35 Prozent) oder „das Interesse an Konzerten fehlt“ (35 Prozent). 45 Prozent der Unter-30-Jährigen nehmen die Werbung der Konzerthäuser gar nicht wahr (bei den Befragten über 60 Jahren sind es 16 Prozent), so dass es hier keine positiven Impulse gibt. 25 Prozent der Jungen finden die Atmosphäre in Konzerthäusern „elitär“ und 18 Prozent stören sich an „unverständlichen Inhalten“.
Kommentar
Die Idee des Klingenden Museums, das 25-jährige Bestehen mit einen kostenfreien sinfonischen Jubiläumskonzert für Hamburger Schüler zu begehen, fällt in eine Zeit, in der große Teile der jungen Menschen unter 30 Jahren (siehe Studie der Körber-Stiftung) wenig Beziehung zu klassischer Musik haben und diese nicht als ein volksnahes Kulturgut sehen. Zudem kritisierten derzeit „alle musikpädagogischen Verbände, musikinteressierte Eltern […] und Musikstudierende […]“ die Entwicklung auf den G8-Gymnasien, schrieb Professor Wolfhagen Sobirey, ehemaliger Präsident des Hamburger Landesmusikrats, im Hamburger Abendblatt (vom 24. April 2014). Denn: Die übervollen Schultage schränkten das Erlernen eines Musikinstruments oder das Engagement in Schülerband und -chören deutlich ein. Das könnte wiederum dazu führen, dass noch weniger junge Menschen Zugang zur klassischen Musik finden und dauerhaften Spaß an ihr haben.
Warum ist musikpädagogische Bildungs- und Kulturarbeit so wichtig?
Klassische Musik ist ein kulturhistorisches Erbe und zugleich modernes Gut, das es lohnt, lebendig zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dabei geht es nicht nur um die Bewahrung einer Tradition, sondern vielmehr darum, alle interdisziplinären Aspekte der klassischen Musik und des Instrumentenspiels im Blick zu haben. Das reicht von der Identitätsstiftung, über soziale Teilhabe in unserer Gesellschaft bis hin zu weiteren positiven Zusammenhängen: So belegen internationale Studien beispielweise, dass Musik das Sozialverhalten von Kindern fördert und die Leistungsfähigkeit des Gehirns erhöht. Und nicht zuletzt sollte uns daran liegen, klassische Musik als gesellschaftlichen Wert an sich zu stärken – so, wie es die UNESCO für die Entwicklung kultureller Bildung fordert: Alle Menschen sollen Zugang zu einer kultureller Bildung haben, die hohen Standards folgt. Dadurch soll „die Grundlage für die qualitative Erneuerung von Bildungssystemen“ gelegt und „kulturelle Bildung zur Lösung heutiger sozialer und kultureller Herausforderungen“ genutzt werden. Die Begeisterung für klassische Musik stellt sich jedoch selten von allein bei Kindern ein. Umso wichtiger ist die (Früh-)Kindliche Musikvermittlung, um Kinder an Musik und Musikinstrumente heranzuführen und sie anhaltend für Musik und Musizieren zu begeistern.
Mit dem Jubiläumskonzert knüpft das Klingende Museum nicht nur an den Grundgedanken seines kürzlich verstorbenen Museumsgründers Professor Gerd Albrecht an: Als einer der Pioniere der modernen Musikvermittlung setzte er sich dafür ein, Kinder und Jugendliche an klassische Musik heranzuführen, um darüber eine dauerhafte Begeisterung zu wecken. Das Museum gibt vielmehr vor dem Hintergrund der aktuellen Debatte um klassische Musik einen wichtigen Impuls in die Stadt. Und die großartige Resonanz der Schulen wiederum ist ein positives Signal in Richtung Bildung und Kultur. Sie zeigt, dass Bereitschaft vorhanden ist – zumindest, wenn die Kosten für die Kulturvermittlung wie in diesem Fall übernommen werden.
Nun steht das Museum vor dem Dilemma: Die Zahl der Schulklassen, die sich für das Konzert interessieren, übersteigt bei weitem die Kapazitäten im gebuchten Saal der Laeiszhalle. Mit den Schülerinnen und Schülern ließen sich zwei weitere Konzerte füllen, sagt die Geschäftsführerin Bettina Fellinger. Jedoch kann das Klingende Museum als privatgeführtes Haus – getragen von der Hamburger Jugendmusikstiftung, die ebenfalls von Gerd Albrecht ins Leben gerufen wurde – schon das Jubiläumskonzert laut Fellinger nur mit zusätzlicher Unterstützung realisieren. Eine Finanzierung weiterer Konzerte wäre dann ebenfalls nur mit dem Engagement von Förderern möglich. Angesichts der alarmierenden Situation rund um klassische Musik, wäre aber genau das wünschenswert: Dass Bettina Fellinger und ihr Team um Musikvermittlerin Anke Fischer erneut Unterstützer finden, die dazu beitragen, zwei weitere Konzerttermine anbieten zu können, um den Hamburger Schülerinnen und Schülern spannende und bleibende Eindrücke von klassischer Musik, den Orchesterinstrumenten und der Konzertatmosphäre zu ermöglichen.
-- Tanja Königshagen --
Weitere Informationen: www.klingendes-museum-hamburg.de
Der Beitrag (hier ohne Abbildungen) ist am 9. Mai 2014 im regionalen Online-Nachrichtenportal www.business-on.de/hamburg erschienen (hier als PDF hinterlegt).
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